Richtiges Lauftraining: Nicht zu hart und nicht zu leicht!

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Richtiges Lauftraining - Dr. Holzinger Stuttgart erklärt wie es klappt

Im Herbst finden traditionell die großen Marathonveranstaltungen statt. Unzählige Läufer bereiten sich weltweit über Monate auf diese Wettkämpfe vor. Dabei stehen sie vor der schwierigen Frag nach Trainingsintensität und Trainingsumfang. Das bedeutet: Wie viele Kilometer soll man pro Woche wie schnell joggen? Bist du auch Läufer? Richtiges Lauftraining: Nicht zu hart und nicht zu leicht! So klappt’s!

Wie geht richtiges Lauftraining?

Diese Frage zu beantworten ist nicht ganz einfach. Das hängt zu allererst von deinem Ausgangszustand ab. Und natürlich von der Vorstellung wie schnell du im Ziel sein möchtest. Im Internet oder in den entsprechenden Marathon-Fachbüchern kannst du dir einen Trainingsplan heraussuchen und loslegen. Das Problem dabei ist, dass deinen Ausgangszustand ohne objektive Messung nur „fühlen” kannst. Dabei kann dir der Fehler passieren, dich bei der für dich möglichen Zielzeit zu über- bzw. zu unterschätzen. Die Marathon-Vorbereitung läuft dann nach einer groben Einschätzung  deiner eigenen Leistungsfähigkeit ab. Meist mit der Faustformel „220 Puls minus Lebensalter“.

Die wenigsten Läufer lassen sich zu Beginn einer Marathonvorbereitung sportmedizinisch oder sportwissenschaftlich mit einer Laktatuntersuchung, oder noch besser mit einer Spiroergometrie, untersuchen. Dies hätte den Vorteil, dass du deinen körperlichen Zustand und deine individuellen Belastungsbereiche kennen würdest. So könntest du dein Training gesund und ohne Verletzungen durchführen. Und du könntest „schneller werden“ und deine Ziele leichter erreichen.

Die Verwirrung unter den Läufern ist groß

Vor allem weil seit einiger Zeit immer häufiger darüber berichtet wird, dass klassisches Ausdauertraining „out“ und ineffektiv sei. Die Empfehlungen lauten, dass du besser ein HIT („high intensity training“) oder ein HIIT („high intensity intervall training“) durchführen solltest, um besser zu werden. Zudem glauben viele Läufer, dass sie die nötige Wettkampfhärte und den Willen durchzuhalten, dadurch bekämen, dass sie ausschließlich im subjektiv anstrengenden Trainingsbereich trainieren sollten.

Es gibt unzählige Ideen, Konzepte und Meinungen und jeder Trainer oder Sportler wählt seine Methode nach den persönlichen Vorzügen.

Fünfzoniges Trainingsmodell in der Kritik

Seit Jahrzehnten wird von den meisten Trainern und Buchautoren ein fünfzoniges Trainingsmodell favorisiert. Dieses gliedert sich meist folgendermaßen:

  • Zone 1: Regenerationstraining
  • Die Zone 2: GA1 oder Grundlagenausdauer 1 (oder auch „Mittlere Belastung“),
  • Zone 3: GA2 oder Grundlagenausdauer 2 (oder auch „Tempo Dauerlauf“),
  • Die Zone 4: Extensives Intervalltraining
  • Zone 5: Intensives Intervalltraining (oder auch wettkampfspezifische Ausdauer)

Die Belastung wird dann in der Trainingsplanung und Trainingsperiodisierung auf diese fünf Zonen verteilt.

Die Kritik am fünfzonigen Trainingsmodell – Hoffnung, Gefühl, Zufall

Am fünfzonigen Trainingsmodell kritisiere ich, dass die Trainingszonen und damit die Trainingsintensitäten vollkommen willkürlich bestimmt werden und, dass es für eine Einteilung in fünf Zonen keinen wissenschaftlich fundierten Hintergrund gibt. Zudem bereitet das fünfzonige Trainingsmodell in der Trainingsplanung große Probleme, denn es ist überhaupt nicht klar, wann der Sportler in welcher Zone und mit welcher Intensität trainieren soll. Die Trainer und Sportler verteilen die fünf Zonen „nach Gefühl“ und „hoffen“, dass sie „zufällig“ richtig liegen bzw. orientieren sich an Faustformeln „maximale Herzfrequenz minus Lebensalter“ und ähnlichen Hilfsmitteln.

Das alte Modell ist überholt – das musst du für richtiges Lauftraining wissen

Weltweit präferieren daher heute viele Wissenschaftler und Profis im (Ausdauer-) Sport ein dreizoniges Trainingsmodell. Die drei Trainingszonen werden mittels Spiroergometrie und den daraus abgeleiteten ventilatorischen Atemschwellen ermittelt. In der angelsächsischen Literatur werden die ventilatorischen Schwellen „ventilatory threshold“ genannt und mit „VT1“ und „VT2“ abgekürzt.

Warum sollte sich die Belastungsintensität an der Atmung „orientieren “?

Einfach gesagt orientieren sich alle Lebewesen bei der Frage nach der „richtigen“ Anstrengung an ihrer eigenen Atmung. Beispielsweise sind alle Kinderspiele an der Atmung der Kinder ausgerichtet. Ist die Belastung für die Kinder zu hoch, brechen die Kinder die Spiele intuitiv ab bzw. sie gönnen sich eine Pause. Fast alle Spiele haben eine „Zone“, in der man nicht gefangen, gejagt oder abgeschossen werden darf. In diese Zone ziehen sich die Kinder bei (Erholungs-)Bedarf zurück.
Viele Erwachsene haben dieses intuitive Gefühl für ihren Körper verloren.

Daher ist die Spiroergometrie für jeden Trainierenden sinnvoll, der sich selbst besser kennenlernen will, oder eine Absicherung für sein Gefühl sucht. Denn häufig täuschen sich Läufer auch in ihrem Gefühl. Sie „fühlen“, dass sie sich andauernd anstrengen und in jeder Einheit „platt“ machen sollten. Oder sie „fühlen“, dass sie sich überhaupt nicht anstrengen sollten, denn die Anstrengung mache sie ja „platt“. Damit dir diese Fehler nicht passieren und du es „besser“ machen kannst, ist eine Spiroergometrie sinnvoll.
 Dein Ausdauertraining sollte anhand deiner ventilatorischen Schwellen geplant und durchgeführt werden. Nur so kannst du die erwünschten Resultate auf einem sinnvollem Weg erreichen.

Die Basis muss aufgebaut werden

Richtiges Lauftraining - Trainingszonen nach den ventilatorischen Schwellen

 

Die erste Trainingszone ist in der Abbildung mit gelber Farbe gekennzeichnet. Sie befindet sich „links“ oder „unterhalb“ der ersten ventilatorischen Schwelle VT1 (helles Grün). In diesem Trainingsbereich wird deine Grundlagenausdauer entwickelt und dein Fettstoffwechsel verbessert sich, da dein Stoffwechsel in diesem Bereich aerob („mit Sauerstoff“) ist. Der Punkt mit deiner maximalen Fettverbrennung liegt links von VT1 – „Fett-max“ genannt. 80 Prozent deines gesamten Trainingsumfangs solltest du aerob, also in der Trainingszone unterhalb von VT1 durchführen. In diesem Bereich kannst du die besten Anpassungen der Ausdauerleistungsfähigkeit erzielen.

Der große Vorteil eines Trainings in diesem Bereich liegt darin, dass du deine aerobe Leistungsfähigkeit ohne signifikante Ermüdung deines Organismus verbessern kannst. Dadurch wird deine Regenerationsphase im Anschluss an dein Training kürzer und deine Belastbarkeit verbessert sich. Ohne die sonst üblichen Überlastungserscheinungen wie Verletzungen und Muskelkater.

Das Credo lautet: je höher deine aerobe Leistungskapazität ist, desto belastbarer bist du beim Sport, bei der Arbeit und im Alltag. Und desto schneller erholst du dich von diesen Belastungen.
Im amerikanisch-englischen Sprachgebrauch wird das Training unterhalb von VT1 mit dem Begriff „LSD-training“ bezeichnet. Dies steht für „long-slow-distance-training“ und bedeutet, dass der Trainierende mit niedriger Intensität über große Distanzen laufen (schwimmen, Rad fahren, rudern, etc.) soll. „Langsame“ Läufe von über 90 Minuten Dauer im aeroben Bereich bewirken eine starke Aktivierung des Fettstoffwechsels und sorgen für eine Reduktion der Laktatbildung im Blut.

Intensive Intervalle erhöhen deine Fitness! So geht richtiges Lauftraining!

Kombinierst du das Grundlagentraining mit einem hoch intensiven Intervalltraining „HIIT“, kannst du deine maximale Sauerstoffaufnahme signifikant erhöhen. Die hoch intensiven Intervalle finden im roten Trainingsbereich (Trainingszone 3) der oben gezeigten Abbildung statt. Also „rechts“ oder „oberhalb“ der zweiten ventilatorischen Schwelle (VT2). Die Intervalle sollten deinem Trainings- bzw. Leistungsstand angepasst werden und zwischen 30 Sekunden und fünf Minuten lang sein. Das Ziel des sogenannten „HIIT“ besteht darin, eine starke Muskelaktivierung und eine exzessive Atmung beim dir zu provozieren. Dadurch kannst du die Sauerstoffaufnahme deines Körpers verbessern.

 Im Anschluss an ein intensives Intervall solltest du eine 2-10minütige Pause mit geringer Belastungsintensität durchführen (unterhalb von VT1). Der alternierende Wechsel von intensiver Belastung und lockerer Pause trainiert und verbessert gleichzeitig deine maximale Sauerstoffaufnahme und die Erholungsfähigkeit deines Körpers.

Das „Schwarze Loch“ des Trainings

Den Übergangsbereich von Trainingszone 1 und Trainingszone 3 bildet logischerweise Trainingszone 2. Hier wäre es aus meiner Sicht besser, von Belastungszone als von Trainingszone zu sprechen, denn in diesem Übergangsbereich findet in der Regel dein Wettkampf statt. Dein Stoffwechsel befindet sich im aerob-anaeroben Übergangs- oder Mischbereich. Häufiges Training in Zone 2 führt meist zur Stagnation der Leistungsfähigkeit. Sportler klagen dann über Müdigkeit und Motivationsprobleme. Übergewichtige Läufer können trotz subjektiv hoher Anstrengung schlecht (oder gar nicht) abnehmen. In diesem Übergangsbereich finden meist die Wettkämpfe statt, die länger als zwei Minuten dauern – also alle Strecken von 800m aufwärts.

Dieser Übergangsbereich wird auch als „Schwarzes Loch des Trainings“ („black hole of training“) bezeichnet. Beim Training im Schwarzen Loch bleiben die erwünschten Resultate aus. Und es fühlt sich so an, als ob deine Energie, die du in dein eigenes Training „gesteckt“ hast, wie von einem schwarzen Loch absorbiert wird. Sportler die häufig im „Schwarzen Loch“ trainieren, trainieren also zu hart, und doch nicht hart genug. Sie sollten daher das Training stärker akzentuieren und an ihren Atemschwellen ausrichten.

Das Ausdauertraining sollte sich aus einer Mischung von verschiedenen Trainingsinhalten im Verhältnis 80:20 oder 80:10:10 zusammensetzen. 80 Prozent der Trainingszeit sollte im Bereich „links“ von VT1, 10% im Schwarzen Loch und 10 Prozent der Trainingszeit „rechts“ von VT2 verbracht werden.

Die Spiroergometrie die Basis für dein richtiges Lauftraining: ein Muss für jeden Ausdauersportler!

Die Spiroergometrie misst detailliert den Ist-Zustand des jeweiligen Läufers. Sie liefert wertvolle Hinweise darauf, wie der Läufer seine Situation mit einfachen und gesunden Mitteln verbessern kann. Da der Test eine exakte Reproduzierbarkeit ermöglicht, ist ein Re-Test zur Überprüfung der Maßnahmen sehr gut geeignet. Verbesserungen und Verschlechterungen des Läufers können auf einfache Weise visualisiert werden. Die Spiroergometrie ist daher aus meiner Sicht für jeden Ausdauersportler ein Muss! So geht richtiges Lauftraining.

Euer Dr. Daniel Holzinger

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  1. […] unserem Blog hatten wir bereits hilfreiche Artikel zur Motivation und zum Training veröffentlicht. Schaut Euch online folgende Artikel zur Erinnerung noch einmal […]

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