Plädoyer für’s Ausdauertraining

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Ausdauertraining ist out. Dabei spricht vieles für ein entspanntes Ausdauertraining – selbst in Zeiten von HIIT (High Intensity Intervall Training), freeletics und functional training. Ein lockeres Ausdauertraining über zwei bis drei Monate an 3-6 Tagen in der Woche ist ein echter Jungbrunnen und der ultimative Fitnessturbo.

Fett verbrennen, Grundlagenausdauer verbessern

Es gibt, grob gesagt, zwei Stoffwechselzonen im menschlichen Körper. Diese werden als aerobe und anaerobe Zone bezeichnet. Bei einem lockeren Ausdauertraining verbringt man die Trainingszeit im aeroben Bereich. Das bedeutet, dass im Blut des Trainierenden mehr Sauerstoff als Kohlendioxid vorhanden ist. Davon profitieren alle Zellen des Körpers, sowohl die Muskel- als auch die Gehirn- und Nervenzellen. Durch das Sauerstoffüberangebot können die Zellen während des Trainings überwiegend auf Fette als Energieträger zurückgreifen. Dadurch verbleiben wertvolle Kohlenhydrate in der Leber und die Leber, als wichtigstes Organ im Zuckerstoffwechsel, wird geschont. Dies hat zur Folge, dass der Sportler sein Körperfett verbrennt, seine Grundlagenausdauer verbessert und nach dem Training nicht das Gefühl hat, total kaputt zu sein. Angenommen jemand nimmt sich vor, innerhalb von drei Monaten 5x pro Woche ein lockeres Ausdauertraining über mindestens 45min je Trainingseinheit zu absolvieren, dann kommt diese Person auf 60 Trainingseinheiten oder 45 Stunden Trainingsbelastung. Dabei kann diese Person spielend drei bis fünf Kilogramm Körperfett abnehmen, ohne eine restriktive Diät machen zu müssen. Die Ausdauersteigerung, die durch ein mehrwöchiges Ausdauertraining erreicht werden kann, ist selbstverständlich messbar und tatsächlich auch zu fühlen. Der Trainierende wird sich belastbarer fühlen und sich schneller von den Belastungen des Arbeitslebens erholen.

Abschalten in der freien Natur

Für das Gehirn hat solch ein lockeres Ausdauertraining auch nur Vorteile. Durch ein tägliches Lauftraining an der frischen Luft und in der freien Natur kann der Trainierende optimal „abschalten“ und sich paradoxerweise erholen, obwohl er sich bewegt. Mit „Abschalten“ meine ich einen geistigen Zustand ohne grüblerisches Denken. Bei einem Lauf in der Natur, am besten auf unbefestigten Trampelpfaden mit Wurzeln, Steinen und Pfützen, muss sich ein Läufer auf den Weg konzentrieren. Sollte er sich dazu auch noch orientieren müssen, also sich mit der Frage beschäftigen müssen, wohin er laufen muss, um wieder nach Hause zu kommen, bleibt keine Zeit ans Geschäft, die Familie oder die selbst gesetzten Ziele zu denken. Dies hat zur Folge, dass der Läufer das Gefühl bekommt, während des Trainings an gar nichts gedacht zu haben. Schwierige, unbefestigte Wege helfen dem Sportler dabei, in den „Flow“ zu kommen und sich geistig zu entspannen. Durch die unbefestigten Wege ist der Läufer gezwungen, sich zu konzentrieren. Er ist mit der dreidimensionalen Bewegungssteuerung und der Orientierung im Raum beschäftigt – das führt dazu, dass das gesamte Gehirn, und damit alle Gehirnzellen, aktiviert werden (nicht nur die Teile, die beispielsweise mit den Problemen in der Arbeit beschäftigt sind). Dauerläufe mit einer Länge von mehr als 40 Minuten schulen zudem die geistige Willenskraft und das Durchhaltevormögen des Trainierenden.

Stärkung des ganzen Organismus

Ein lockeres Ausdauertraining stärkt den gesamten Organismus. Das Skelett wird „artgerecht“ belastet, was dazu führt, dass die Knochen hart und die Gelenke stabil bleiben oder werden. Der Herzmuskel wird durch ein moderates Ausdauertraining stärker, was der Garant für einen optimalen Blutdruck und die Sauerstoffversorgung des ganzen Körpers ist. Die Energiebereitstellung in allen Organen wird verbessert und durch das Ausdauertraining kann Diabetes und Insulinresistenz vorgebeugt werden. Das Immunsystem wird gestärkt, da Stresshormone im Training abgebaut werden und der Mensch sich vor allem auch geistig entspannt. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil des lockeren Ausdauertrainings besteht auch darin, dass man sich kaum verletzt, es über Jahre durchhalten und auch beinahe in jedem Alter damit beginnen kann.

Zum Schluss stellt sich die Frage, was ein „lockeres“ oder „moderates“ Lauf- oder Ausdauertraining sein und wie die Belastung dosiert werden soll? Der Begriff „Laufen ohne Schnaufen“ trifft den Nagel auf den Kopf. Das subjektive Gefühl des Trainierenden sollte so sein, dass er sich überhaupt nicht angestrengt und sich selbst nicht „schnaufen“ hört. Dann kann er mit hoher Sicherheit daraus schließen, dass er sich im aeroben Bereich bewegt und von allen oben beschriebenen Vorteilen profitieren kann.

Zusammenfassend kann gesagt werden:

  • Idealerweise findet das Ausdauertraining über mehrere Wochen oder Monate statt – der Herbst eignet sich optimal dafür.
  • Vier bis sechs Trainingseinheiten pro Woche sind optimal.
  • Die Sportler sollten ohne technische Hilfsmittel in der freien Natur gehen, laufen oder Rad fahren.
  • Es ist empfehlenswert ohne Telefon und ohne Kopfhörer zu trainieren.
  • Die Belastungsintensität sollte absichtlich niedrig gewählt und beispielsweise erst nach sechs bis acht Wochen vorsichtig gesteigert werden.
  • Nach 8 bis 12 Wochen Grundlagentraining kann das Training dann nach Belieben mit anderen Inhalten „gewürzt“ werden.

Eine Spiroergometrie liefert alle relevanten Trainingsdaten. Sowohl für das Grundlagen- als auch für das Wettkampf- bzw. Intervalltraining.
Euer Dr. Daniel Holzinger!

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