Zu nett für diese Welt: Oder bist du nur zu feige?
Freundlich – höflich – zuvorkommend – entgegenkommend – wohlwollend – geneigt – artig – warmherzig – herzlich – liebenswürdig – bereitwillig – gefällig – gutmütig – beim Lesen bekommt man den Eindruck, dass dies die Eigenschaften von idealen Zeitgenossen sind. Aber es sind nur Synonyme für das Adjektiv „nett“. Paradoxerweise hat das Adjektiv „nett“ in der Umgangssprache häufig eine negative Konnotation. Nettigkeit wird da häufig als Naivität, als Schwäche ausgelegt. Menschen, die scheinbar zu nett für diese Welt sind, werden gerne als „treudoof“ bezeichnet und die vielleicht übelste Abwertung für Menschen lautet: „Nett ist die kleine Schwester von Scheiße!“ – zu oben aufgelisteten Synonymen müsste man also noch „scheiße“ dazu fügen, was ziemlich verstörend wäre.
„Nett“ hat viele Bedeutungen
Grundsätzlich wird mit dem Wörtchen „nett“ nur das Wesen bzw. die Art einer Person beschrieben, aber es hat noch viele weitere Bedeutungen. Es kann beispielsweise als Äußerung verstanden werden, mit der man jemandem etwas „Nettes“ sagen will. Es kann also als Kompliment oder Lob verstanden werden, indem man jemandem sagt, was ihm schmeichelt oder was er gerne hören will. In Beziehungen dienen Nettigkeiten als Liebesbeweis oder Freundschaftsdienst. Im beruflichen Kontext, bei Verhandlungen oder Konfliktgesprächen, werden Nettigkeiten als „Türöffner“ ausgetauscht – ganz genau so, wie wenn Männer durch Nettigkeiten versuchen, Frauen ins Bett zu bekommen. Dabei kann Nettigkeit auch als Manipulation verstanden werden: „Als er merkte, dass er damit keinen Erfolg haben würde, war Schluss mit den Nettigkeiten. Er ließ sie links liegen.“
Wer schüchtern oder feige ist, ist nicht „nett“
Wenn jemand aus Angst vor unangenehmen Konsequenzen, nicht sagt, was er denkt, kann diese Schüchternheit oder Feigheit fälschlicherweise als Nettigkeit bezeichnet werden. Das ist dann die wahre Bedeutung von „ich bin zu nett für diese Welt“. Diese angebliche Unfähigkeit, nicht Nein sagen zu können, hat nichts mit Nettigkeit zu tun, sondern mit Angst oder Feigheit. Kann oder will man nicht Nein sagen? Wenn man kein logopädisches Problem hat, kann man jederzeit Nein sagen. Aber solange man aus irgendeinem Grund Angst hat, Nein zu sagen, wird man es auch nicht tun.
„Nett Sein“ führt zu unschönen Nebenwirkungen
„Ich bin zu nett für diese Welt!“ bedeutet also, dass man nicht sagt, was man denkt, weil man beispielsweise Angst hat, allein dazustehen, dass andere sich von einem abwenden. Dieses „Nett Sein“ führt bei den Betroffenen paradoxerweise nicht dazu, dass negative Konsequenzen ausbleiben, sondern dass andere negativen Konsequenzen auftreten. Wenn sie also aus Angst „nett“ sind, dann haben sie zwar Menschen um sich, die sie angeblich lieben, häufig fühlen sie sich aber dann von diesen ausgenutzt. Aus der Angst heraus stellen sie die Reaktionen dieser anderen über ihr eigenes Wohlergehen. Die anderen gewöhnen sich dann schnell an dieses „Nett Sein“ und sie gehen natürlich davon aus, dass das immer so bleiben wird. Ein Teufelskreis für die Betroffenen.
Was kann man also tun, wenn man „zu nett für diese Welt“ ist?
Es gibt für die Betroffenen nur „schlechte“ Lösungen.
- Schlechte Lösung 1:
Immer Ja und Amen zu allem sagen und sich weiterhin ausnutzen lassen:
“Ich abe zwar viele „Freunde“ – bin aber irgendwann fix und fertig” - Schlechte Lösung 2:
Wenn man nicht ständig von anderen Menschen ausgenutzt werden will, muss man auch bereit sein, manche Konflikte auszutragen; manchmal ist es auch unumgänglich eine „rote Linie“ zu ziehen, um sich zu schützen und abzugrenzen! - Mit anderen Worten: Nein sagen!
- Die resultierenden Konsequenzen tapfer ertragen.
Um diese Ängste zu überwinden braucht es Mut. Diesen Mut kann man durch die richtige Denkweise genauso erzeugen, wie die ausgedachten Ängste. Wer wissen will wie das geht, kann das bei uns lernen – beim Friday Night Coaching geben wir erste Impulse, im Einzelcoaching helfen wir konkret und in unseren Seminaren, Workshops und Ausbildungen kann man sein Wissen vertiefen.
Werde aktiv und komme ins Friday Night Coaching!
Bis dann, dein
Dr. Daniel Holzinger
Der Autor:
Dr. Daniel Holzinger zeigt wissbegierigen Menschen, wie sie sich in schwierigen Lebenslagen selbst helfen können. Seinen Rat haben zahllose Menschen aus Kunst, Kultur, Wirtschaft und Sport in Anspruch genommen. Er lebt mit seiner Familie in Stuttgart, behauptet den besten Cappuccino zu machen und liebt die Natur rund um die Stuttgarter Bärenseen.